Babylon

Mit dem Ausgang des 2. Jts. v.Chr., dem Ende der Späten Bronzezeit, erlebte Vorderasien einen tiefgreifenden Umbruch; vollständige Zerstörung bedeutender Städte, Völkerbewegungen wie die der Aramäer, der «Seevölker», der iranischen Stämme, Zusammenbruch oder Machtverlust der Großreiche, politische, soziale, technologische Umwälzungen. Die Strukturen, die aus diesem Chaos hervorgingen, waren in vieler Hinsicht neu. Aber zwei Städte bewahrten ihre alten Überlieferungen und Institutionen und wurden zum Kristallisationspunkt der neuen politischen Gliederung: Im Norden Assur, die Hauptstadt Assyriens, von der aus seit dem 10. Jh. v.Chr. das Neuassyrische Reich errichtet wurde, und Babylon im Süden. Mehrere Jahrhunderte lang war Babylon eher ein Spielball in der Auseinandersetzung zwischen Assyrern und den in Babylonien siedelnden Aramäerstämmen. Aber der Mythos der alten Metropole wirkte auf beide Parteien. Der Einfluß Babylons auf die Assyrer wuchs stetig. Schon der große Eroberer Salmanassar III. besuchte im 9. Jh. v. Chr. die vornehmsten babylonischen Heiligtümer, darunter vor allem Esagil in Babylon. Assyrische Könige nahmen im 8. Jh. v. Chr. nach der Eroberung Babyloniens die Würde eines Königs von Babylon an, trugen in dieser Eigenschaft einen zweiten Namen und vollzogen die vorgeschriebenen Riten wie die Ergreifung der Hand der Mardukstatue. Dasselbe taten aber auch die Gegner der Assyrer, die Scheichs der Aramäerstämme, die sich immer wieder zu Königen Babylons proklamierten und neue Dynastien zu begründen versuchten.

Grabungen

Die Ausgrabungsarbeiten in Babylon wurden am 26. März 1899 aufgenommen, und sie dauerten bis zum Ersten Weltkrieg; die eigentliche Grabung endete 1915, doch dokumentierten und bewachten Koldewey und sein Mitarbeiter Gottfried Buddensieg ihre Funde bis zum 7. März 1917, d.h. bis unmittelbar vor der Eroberung von Bagdad durch britische Truppen vier Tage später. Koldewey grub meist ganzjährig, also auch in der glühenden Sommerhitze, die in der Gegend von Babylon nicht selten 50° erreicht. Meist arbeitete er mit 200-250 einheimischen Arbeitern. Um noch einmal die finanziellen Dimensionen deutlich zu machen: Dies bedeutet insgesamt ca. 1,2 Millionen «Mann-Arbeitstage. Dazu kamen natürlich die Gehälter für wissenschaftliche Mitarbeiter, Reise- und Materialkosten, so dass man sagen kann, dass die Ausgrabung von Babylon mindestens 1,5 Millionen RM kostete.

Der enorme Arbeitskräfteeinsatz war nötig, weil die Ruinen mitsamt dem sie überlagernden Schutt teilweise bis zu 24 m hoch anstanden: Ein Vergleich der Situation am Ischtar-Tor bei Beginn und nach Abschluß der Grabungen macht dies in eindrucksvoller Weise deutlich. Dennoch konnte nur ein Bruchteil der Stadt ausgegraben werden, nämlich vor allem die Paläste und Tempel, ein Teil der Wohnbebauung und der Befestigung der inneren Stadt auf dem östlichen Euphrat-Ufer. Überhaupt nicht ausgegraben ist die Innenstadt auf dem westlichen Euphrat-Ufer sowie die gesamte Außenstadt; es ist nicht einmal klar, ob auch auf dem westlichen Ufer die Innenstadt noch von einer Außenstadt umgeben war.

Aktuell findet eine neue vom Ahnenerbe finanzierte Expedition unter Major Rüdiger Schmidt und Dr. Hans Reinhart statt.