Shlomo ben Zahavi
Rabbi, Linguist und Mystiker
Ethnische Zugehörigkeit ungeklärt, 81
Erste Begegnung mit den Charakteren: Abenteuer 3
Der unter dem Namen Shlomo ben Zahavi bekannte Gelehrte hat in den vergangenen Jahrzehnten den Maghreb und den Vorderen Orient intensiv bereist und dabei an den unterschiedlichsten Orten eine Zeitlang gelebt.

Dazu gehören Algier, Kairo und Damaskus, auch Smyrna und Bagdad hat er aufgesucht. Immer wieder war aber offenbar Konstantinopel sein Lebensmittelpunkt, wo er bei der jüdischen Gemeinde als Chacham ("Weiser", übliche Bezeichnung eines Rabbiners bei den sephardischen Juden) anerkannt ist - auch wenn er wiederum nie wirklich Teil irgendeiner Gemeinschaft geworden ist. Während er an den anderen Orten zumeist unter abweichendem Namen aufgetreten ist, war er in Konstantinopel stets Shlomo. Damit ist dies nicht nur der am häufigsten verwendete, sondern möglicherweise auch eigentliche Name des Mannes.
Ob die Identitätswechsel durch antisemitische Verfolgung, Geheimhaltung oder andere Gründe bedingt waren, ist nicht bekannt.
Shlomo beschäftigte sich seit der Kindheit mit der talmudischen Überlieferung, später dann immer intensiver mit der Kabbala und einer wachsenden Fülle religiöser Schriften, begleitet von historischen und linguistischen Studien. In jedem dieser Bereiche kann sein Wissen als immens gelten.
Dabei entwickelte er ein besonderes Interesse für die Ursprache der Menschheit, die - wie im Mythos des Turms von Babel erzählt - von Gott verwirrt und zerstreut wurde.
Durch seine Studien kam er in Kontakt mit gleichgesinnten Wissenschaftlern, wie dem britischen Archäologen Courtney Smythe-Beauregard und dem Prager Linguisten Ahasver Meckelbrodt. Die Auffassungen und Theorien der Gelehrten gingen allerdings weit auseinander und führten dabei nicht nur zu fruchtbaren Diskussionen, sondern schließlich auch zum Zerwürfnis.
Shlomos Überzeugung, die Ursprache sei eben auch die Sprache, mit der Gott die Schöpfung vollzogen habe, taten die Kollegen als abergläubischen Unsinn eines in den eigenen Mysterien verfangenen alten Mannes ab. Bei allem Respekt vor seinem Wissen wird der Rabbi fortan von der weiteren Arbeit der anderen ausgeschlossen.
Davon unbeirrt glaubt Shlomo um so mehr, dass diese Sprache ihm unvorstellbare Macht über Geist und Materie verschaffen würde - "Am Anfang war das Wort", und "das Wort verändert die Dinge". "Gott sprach", heißt es stets in der Bibel, bevor große Veränderungen bewirkt werden.
Über die Gründe seiner Suche, die mehr und mehr besessene Züge annimmt, kann nur spekuliert werden - sicherlich wird auch das fortschreitende Alter und das damit einhergehende Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit eine Rolle spielen.
1935 taucht er auf den Spuren von Meckelbrodt in Ciudad de Mexico auf und gibt sich als Pater Romero, Abgesandter des Vatikans, aus.
Er besticht einen Vorarbeiter in Teotihuacan, den nun als Rivalen aufgefassten Wissenschaftler im Auge zu behalten und seiner Erkenntnisse habhaft zu werden.
Damit trägt er letztendlich die Schuld am Tod Meckelbrodts - er kann sich dem Zugriff der örtlichen Polizei entziehen und mit den begehrten Aufzeichnungen untertauchen. Sein momentaner Aufenthaltsort und seine sicherlich erneut geänderte Identität sind unbekannt.
In Paris - auf der Rückreise vom Montsegur - trifft Milicent überraschend wieder auf den alten Mystiker, der ihr nun (wenig überzeugend) eröffnet, er sehe sie in seiner geistigen Nachfolge, und ihr eine selbst gefertigte Abschrift von Meckelbrodts Unterlagen zukommen lässt.
Inwieweit diese bearbeitet oder verändert worden sind, lässt sich natürlich nicht feststellen, ebensowenig wie die wahren Absichten des undurchsichtigen Gelehrten.