Margret McIntire
Margret ist die Tochter von Dr. McIntire, Arzt im St. Bartholomew Hospital und ein häufiger Berater von Scotland Yard.
*1865 in Inverness, Schottland
Margret McIntire wuchs in Inverness im rauen Norden Schottlands auf – in einem Haus am Rande der nebeligen Highlands, wo der Wind durch die Ziegel seufzte.
Ihr Vater, Dr Alexander McIntire, war ein geachteter Landarzt mit einer gewissen Faszination für die Wissenschaft des Todes. Als forensischer Pionier obduzierte er Leichen mit klinischer Präzision – oft unter den neugierigen Augen seiner Tochter, die mehr Interesse an seinem Sezierbesteck zeigte als an Puppen. Als sie dann mit elf Jahren ihren ersten Detektivroman las - eine abgegriffene Ausgabe von Collins‘ Der Monddiamant - war sie vollends überzeugt, dass sie berufen war, Verbrechen zu lösen.
Elsie Maud McIntire, Maggies Mutter, war stets eine stille, sanfte Frau – zart gebaut, mit feinen Händen und einer Stimme, die oft mehr flüsterte als sprach. Seit Maggie denken konnte, war ihre Mutter nie ganz wohlauf. Eine diffuse Schwäche, mal die Lunge, mal das Herz, mal einfach die Müdigkeit des Lebens.
Als Alexander McIntire eine Stellle als Arzt und forensischer Berater bei Scotland Yard angeboten wurde – mitten in der dampfenden Metropole London, zwischen mechanischen Spinnenlampen, tickenden Kupferaufzügen und qualmenden Luftschiffen – zog die Familie um. Maggies Vater glaubte fest daran, dass London mit seinen Spezialisten, Kliniken und dampfbetriebenen Wunderapparaturen Elsies Gesundheit bessern würde. Doch schien das Leben in der Stadt ihr leider noch mehr auf das Gemüt zu schlagen.
LONDON
Maggie, inzwischen eine junge Frau, kämpfte gegen die Enge der viktorianischen Gesellschaft. Man sah in ihr nur „die Tochter vom McIntire“ oder schlimmer noch „das hübsche Mädchen, dass die Teetassen bei Scotland Yard auffüllt“. Sie übernahm eine Stelle als Sekretärin bei der Mordkommission, doch kaum jemand nahm ihre Beobachtungen ernst – obwohl sie oft Details bemerkte, die den erfahrenen Ermittlern entgingen.
Maggie hatte beim Scotland Yard Raven Hadley kennengelernt – ein stiller, präziser Inspektor der wenig sprach und viel beobachtete. Und sie in manchen Momenten irritierenderweise an Thomas Campbell erinnerte – der erste junge Mann, der sich ihrer besonderen Aufmerksamkeit erfreute.
Und dann verließ Raven Scotland Yard. Maggie hatte es nicht zugeben wollen, aber sie war enttäuscht. Nicht bloß, weil sie in ihm einen Schatten einer Erinnerung gesehen hatte - auch weil sie in ihm jemanden erkannte, der nicht bloß stumpfe Polizeiarbeit erledigte, sondern nach dem Sinn hinter der Tat und den Gedanken der Täter suchte.
Als es sich nach ein paar Wochen herumsprach, dass Hadley eine Privatdetektei gegründet hatte, zögerte Maggie nicht lange und suchte sein Büro in der Dean Street 5a auf, um ihm ihre Hilfe anzubieten. Raven war direkt klar, dass Maggie ein Nein nicht akzeptiert hätte. Und so wurde sie Teil der Detektei – erst als Notizenschreiberin, dann als Beobachterin … und schließlich als Ermittlerin.
An einem grauen Herbstnachmittag in London wurde Maggie in einer schmalen Gasse von einem schmierigen, angetrunkenen Mann belästigt. Sie war allein und ihre Hände voller Notizen und Beweise – keine ideale Lage, um sich zur Wehr zu setzen. Plötzlich mischte sich ein Fremder ein: groß, selbstbewusst und mit dem Blick eines Mannes, der weiß, wie er sich durchsetzen kann. Nach ersten Schlägen folgten weitere und ehe sich Maggie versah, wurde sie Zeugin einer Massenschlägerei. Als sich die Wogen glätteten, reichte der Fremde ihr die Hand und stellte sich mit amerikanischem Akzent vor: „Zebulon Amos Pierce. Ich hoffe, Sie sind unversehrt, Miss?“
Was als zufällige Rettung begann, führte bald zu einer wachsenden Bekanntschaft. Maggie und Zebulon Pierce trafen sich gelegentlich auf eine Tasse Tee, im Austauscht über gemeinsame Interessen und neugierig auf Geschichten aus dem Leben des anderen. Zeb zeigte ein auffallendes Interesse an Londons dunkleren Ecken (und ebenso an Maggie selbst).
Als sie Zebulon eines Tages kurzerhand in die Detektei mitbrachte – Raven und Maggie steckten tief in den wirren Ermittlungen um eine Gruppe Thuggees – ließ sich der Amerikaner nicht lange bitten um bei den Ermittlungen zu helfen und kurzerhand mit Raven die Betrügerbande zu zerschlagen.
Diese Unternehmung machte die Presse und somit neue Auftraggeber auf die kleine Privatdetektei aufmerksam und weitere interessante Fälle folgten. Maggie muss sich zwar weiterhin ihren Platz immer wieder neu erkämpfen – in einer Männerwelt voller Zynismus und Vorurteilen – doch mit jedem gelösten Fall wurde klar: Maggie McIntire war mehr als nur eine schottische Arzttochter mit einem Faible für Romane. Sie war eine Detektivin.